Die Humboldtfamilie
Ich heisse Remo Vernal Zavala und habe die Schule im Jahre 2009 beendet. Da ich in einer DaM-Klasse war und noch nicht wusste, ob ich in Deutschland oder Peru studieren wollte, entschied ich mich dafür, das Abitur zu machen. Dies eine Jahr länger auf die Schule zu gehen, war eine der besten Entscheidungen meines Lebens! Ich entschloss mich anschließend in Lima zu studieren, um – wie einige es behaupten könnten - „mein Abi zu verschwenden”. Aber in Wirklichkeit mir das Abitur einige Fächer an der Universität anrechnen zu lassen. Außerdem erweiterte das Abitur meine Kenntnisse und gab mir gleichzeitig Zeit und somit die Reife über meinen zukünftigen Beruf nachzudenken. Diese Erfahrung möchte ich Euch mitteilen, damit nicht nur diejenigen, die das Abitur gemacht haben, es verstehen können.
Derzeit studiere ich International Business an der „Universidad de Lima” und es geht mir sehr gut. Während meines Studiums interessierte ich mich für einen Studentenaustausch zwischen meiner Universität und einer in Deutschland. Ich bereitete alle Unterlagen vor und bewarb mich. So bin ich jetzt im Wintersemester 2013/2014 an der Fachhochschule Düsseldorf eingeschrieben und kann selber feststellen, wie das Leben eines Studenten im Ausland, in diesem Fall in Deutschland, ist und wie es ist, alleine, weit weg vom Zuhause und langsam selbstständig werdend zu leben. Ich glaube sechs Monate ist eine angemessene Zeit, um diese Erfahrung zu machen.
Man hört immer den Spruch: Die Welt ist klein und wo man auch sei, man findet immer einen Peruaner. Und es ist wahr! Gleich in der ersten Woche in Düsseldorf habe ich zwei Peruaner, Studenten der Universität „del Pacífico“, in der S-Bahn kennengelernt. Wir wussten allein vom Sehen her, dass wir Peruaner sind. Wie? Ich weiß es nicht, aber wir freundeten uns gleich an.
Aber noch erstaunlicher ist es, so viele Humboldtianer zu finden. Ich habe viele Freunde und kenne viele ehemalige Schüler der Humboldtschule; von meinem Jahrgang, von den älteren und jüngeren Klassen. Aber in diesem ersten Monat in Deutschland wurde mir erst klar, dass es die Humboldtfamilie, über die so viel gesprochen wird, wirklich gibt. Die Humboldt-Welt ist klein! In der ersten Woche traf ich auf dem Hauptbahnhof in Düsseldorf Leonardo Duarte (Jahrgang 2009). Er erzählte mir, dass er in Köln lebt und jeden Tag nach Düsseldorf fährt, denn er arbeitet für einen bekannten Musikproduzenten.
In der zweiten Woche ging ich mit einem von den beiden Peruaner, die ich in der S-Bahn kennenlernte, zu einem Flohmarkt. Ich guckte mir Fahrräder an, als ich plötzlich meinen Namen hörte, ich drehte mich um und da war Rafael Acevedo. Obwohl er einige Jahrgänge älter ist als ich, kannten wir uns vom Fussballspielen her. Es war eine verückte Situation und wir tauschten unsere Daten aus, um den Kontakt aufrechtzuhalten.
In der dritten Woche (erste Unterrichtswoche) kam ich etwas verspätet in den Wirtschaftsenglisch-Unterricht und ich trat etwas nervös und verängstigt ein und höre „Oe, Remo!". Es war Daniel Kellerstrass vom Jahrgang meiner Schwester (2006). Ihn kenne ich seit vielen Jahren und es waren schon 5 Jahre her, dass wir uns nicht mehr gesehen hatten. Die Lehrerin bemerkte es und Daniel erklärte ihr lachend: „Don´t be afraid but he is also from Peru.“
Und vor zwei Tagen hatte ich das Glück ein Fussballspiel der UEFA-Champions League, Borussia Dortmund gegen Oympique de Marseille sehen zu können. Ich erhielt einen privilegierten Platz im Stadion und den Eintritt zu den Räumen, wo normalerweise nur eingeladene Journalisten rein dürfen, um die Fussballspieler nach dem Spiel interviewen zu können. Ich hatte vor mir Lewandowski, Reus, Sahin und hatte die Gelegenheit alle Spieler beider Mannschaften anzuschauen. Wie hatte ich das geschafft? Ana Gamarra Lungenstrass ehemalige Schülerin vom Jahrgang meiner Mutter, lud mich ein. Ana ist offizielle Übersetzerin für viele deutsche Fussballmanschaften wie Dortmund, Schalke und Bayer Leverkusen. Noch kenne ich Ana persönlich nicht, aber seit dem wir in Kontakt sind, behandelt sie mich, als ob wir uns schon lange kennen würden, so wie ihr Mann, Jörg, mit dem ich in das Stadion gegangen bin.
In einem Monat also traf ich zufällig diese Humboldtschüler und Peruaner. Alle boten mir ihre Hilfe an und luden mich zu Veranstaltungen, Partys und zu Fußballspielen ein. Das alles nur, weil ich Peruaner und Humboldtschüler bin. Ich war nur einen Monat von Zuhause weg und schon hatte ich die Gelegenheit eine Beziehung zu diesen Menschen zu knüpfen, als ob sie zu meiner Familie gehören. Es ist eine Grossfamilie; egal wo wir sind, wir werden immer Mitglieder dieser Familie finden, die uns mit offenen Armen aufnehmen und uns fühlen lassen, dass wir Zuhause sind.
Remo Vernal Zavala