Nicht nur in Lima, sondern auch in Deutschland haben wir Schauspieler
Mariananda Schempp, Jahrgang 2007, erzählt uns über ihre Erfahrung

Eberhard Heinzel

Ein Monat und ein paar Tage nach meinem Abitur-Abschluss, im November 2008, bewarb ich mich in Lima für einen einjährigen Theaterlehrgang. Dieser wurde geleitet von einem recht bekannten Regisseur, der in einem kleinen Theater in Barranco mein Interesse für Theater und Schauspielkunst so erweckte, dass der Gedanke, dieser Tätigkeit weiterzugehen und womöglich die Schauspielerei zu meinem Beruf zu machen, mir immer mehr gefiel.

Einige Monate später bekam ich von einer schweizerischen Regisseurin, mit der ich ein Stück in Lima aufführte, Namen von staatlichen Schauspielschulen in Deutschland und so kam es, dass ich im deutschen Winter 2011 mit einem Rucksack hinten und einem zweiten, einem kleineren, vorne nach Deutschland reiste, um das Vorsprechen an einer Schule in München, einer in Berlin und einer in Leipzig anzutreten.

Es klappte in Berlin an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch", die ehemalige Theaterschule aus Ost-Berlin. Ich war hin und weg. Das hieß für mich, wieder zurück nach Lima und fünf Monate später mit zwei Koffern und einer Gitarre (die jetzt leider nur als Alibi in meinem Zimmer verstaubt) in die Hauptstadt zu ziehen.

Natürlich fühlt man sich irgendwie trotz der Sprache, trotz vielleicht sogar der Staatsangehörigkeit irgendwie fremd, was aber gerade eine gewisse Herausforderung bedeutet. Es ist alles recht neu, man muss die Augen aufmachen, weil sonst man auf einmal (wenn man mal, wie man es oft in Lima gewohnt ist, bei Rot über die Ampel gehen will) von einer schrillen Straßenbahnklingel zu Tode erschrocken wird. Es sind harte, aber spannende Anfangsmonate. Ich muss aber dazu sagen, dass ich das Glück hatte, mich nicht in einer Universität unter 500 Studenten, die die Vorlesung mit einem teilen, zurechtfinden zu müssen, sondern ich hatte nur 24 neue Gesichter und Persönlichkeiten um mich und selbst die habe ich nicht unmittelbar erst am ersten Schultag kennengelernt.

Aber, ja -klar- die Unterschiede sind vorhanden. Du bist nicht in dem Land aufgewachsen. Die Umgangssprache, der Humor, die Gesprächsthemen, alles ist anders und dann sitzt man auf einmal bei einem Bier und irgendwelche Witze fallen über Komiker, die du nicht kennst oder Werbungen, die du nicht gesehen hast. Da freut man sich zumindest, wenn man Marken wie Möwenpick, Schwartau und Persil schon mal gehört hat... und selbst die werden euch auch nicht unbedingt etwas sagen...

Aber nun sind auch bald 3 Jahre vergangen und ich starte Mitte März mein 6. Semester. Nachdem ich 4 Semester lang die Schule quasi zu meinem zweiten, wenn nicht sogar ersten Zuhause deklariert hatte, habe ich nur noch einmal in der Woche in der Schule Unterricht und die restlichen Tagen probe ich Unterschiedliches. Angefangen im September habe ich zehn Wochen lang mit 6 weiteren Kommilitonen an unserer ersten Inszenierung „Die heilige Johanna der Schlachthöfe" von B. Brecht geprobt, ein Stück, das nun in der Studio-Bühne des Berliner Theaters Schaubühne seit Dezember läuft. Jetzt probe ich seit 4 Wochen an einem absurden Stück über drei Männer die auf einem Floß „Auf hoher See" (wie das Stück auch heißt) Hunger haben und das ganze Stück nur darüber abwägen, welcher von den Dreien aufgegessen werden soll. Die Aufführungen von dem Stück finden in dem Studiotheater der Schule statt.

Ein paar Jahre in einer Kulturmetropole wie Berlin verschaffen einem schon eine Sicht, wenn es sich auch nicht verallgemeinern lässt, über den Theaterapparat in Deutschland. Wenn ich auf Unterschiede angesprochen zwischen Theater in Deutschland und Theater in Peru werde, braucht ich aber doch noch immer Zeit und vielleicht ein alkoholisches Getränk, um darüber zu diskutieren, denn es gibt viele und sehr auffallende Unterschiede, die von so Vielem, was z. B. mit Mentalität und Gewohnheit zu tun hat, abhängig ist. Diesbezüglich kann man sich schlecht kurzfassen.

Was meine Zukunft angeht, habe ich überhaupt keine Ahnung. Irgendwie sehe ich mich oft wieder in Lima, aber wann weiß ich nicht. Dann denke ich mir natürlich auch, dass ich Deutschland nicht einfach so abhaken möchte, wenn sich die Gelegenheit ergeben sollte, hier spielen zu können und dann möchte ich wiederum noch anderes kennenlernen, in ein anderes Land mit einer anderen Theatergeschichte. Manchmal ist mir Deutschland dann doch zu kritisch und in seiner großen Suche nach der ständigen Innovation zu verkrampft. Ich bleibe gespannt und versuche mir nicht einen allzu großen Kopf zu machen. Irgendwohin wird es mich schon treiben.

Aber ich muss sagen, dass ich mit großer Sehnsucht an meine Schulzeit zurückdenke, vor allem an die Primaria, da habe ich oft das Gefühl, war man noch so unbelastet, spontan und pur, und das macht den Schauspieler für mich aus, wenn er so spielt, wie er gespielt hat, als er ein Kind war. Schließlich ist es eben ein Spielen, die Kunst des Spielens (fast ein Widerspruch in sich).

Mariananda Schempp

Im Norden, im Süden, wo es nur immer ist,
vergiss nie, dass du ein Humboldtschüler bist.


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