Priv. Doz. Dr. med. Ortrud Vargas Hein
Ortrud, Abschlussjahrgang ESEP 1983, verwirklichte ihren Traum Ärztin zu werden, nachdem sie an der Universität in Hamburg Medizin studierte. Es begann für sie eine beeindruckende aufsteigende Laufbahn, die viel Engagement und Verantwortung verlangte.
Sie spezialisierte sich auf Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin und ist heute mit ihren knapp 50 Jahren medizinische Geschäftsführerin der Poliklinik Ernst von Bergmann GmbH | MVZ Medizinisches Versorgungszentrum GmbH und ist Direktorin des Konzerngeschäftsbereich Medizinische Weiterentwicklung.
Welche ist deine größte Herausforderung in der medizinischen Geschäftsführung?
Die größte Herausforderung besteht darin, das Gleichgewicht zwischen den Finanzen und der Qualität der medizinischen Versorgung zu meistern, d. h. zufriedene Patienten und gleichzeitig zufriedene Mitarbeiter. Dieses Gleichgewicht ist nicht so einfach herzustellen aufgrund des engen ökonomischen Rahmens, in dem wir uns mit der Pharmaindustrie und den Anforderungen der modernen Medizin bewegen. Auf der anderen Seite haben wir eine Zunahme von älteren Patienten aufgrund der demographischen Entwicklung Deutschlands und die Mehrfacherkrankungen (multimorbide).
Seit November 2014 leitest du, zusammen mit einem Kollegen, das Simulations- und Trainingszentrum des Potsdamer Ernst von Bergmann-Klinikums. Es ist sicherlich auch auf deine Erfahrung zurückzuführen, die du auf der Intensivstation und der Notfallmedizin an der Charité in Berlin gemacht hast. Ich erinnere mich an den Fall eines Kindes, zu dem dich die Deutsche Welle interviewt hat. Was bedeutet für dich diese Arbeit?
Wie du es in der Einleitung gesagt hast, war der Traum meines Lebens, Ärztin zu werden und in die Fußstapfen meines Vaters zu treten, der mich in die Medizin seit meiner Kindheit eingeführt hat. Patienten und Kollegen in kritischen Situationen zu helfen ist sehr zufriedenstellend, vor allem, wenn man die langjährige Erfahrung an jüngere Kollegen vermitteln kann. Ein Notfall impliziert die Notwendigkeit eines sofortigen Handels unter Druck. Deshalb ist es sehr wichtig, dass das Behandlungsteam, die Ärzte und Krankenschwestern in einer sehr realen Simulation trainieren, aber nicht unter dem täglichen Stress, sondern dass sie die Möglichkeit haben anschließend darüber nachzudenken (Feedback), wie sie die Situation gemeistert haben. Unter diesen Umständen ist das medizinische Wissen genau so wichtig wie die Teamarbeit. Wir arbeiten mit Full Scale Simulatoren in einer Intensivstation, Kreissaal und Operationsraum. Die Simulation ist so perfekt, dass durch die Technik der „Patient“ sprechen, atmen, schreien, die Augen öffnen kann, usw.
Ein Krankenwagen sollte in Deutschland, nach dem Standard, in maximal 15 Minuten zum Notfall kommen. Das wäre in Lima unvorstellbar. Du bist auch im Hubschrauber geflogen, um Leben zu retten. Wie oft wendet man Hubschrauber in Deutschland an und unter welchen Umständen?
Wir haben zwei Notdienstleistungen mit Hubschraubern. Die Primärrettung fliegt nur während des Tages, bei der der Hubschrauber wie ein Krankenwagen eingesetzt wird, aber mit Berücksichtigung ob man da landen kann, der Distanz und des Wetters. Aber wenn es nötig ist, dann ist die Polizei zuständig, Raum für die Landung herzustellen; wir sind einmal sogar auf einer Hauptstraße in Berlin gelandet. Der Sekundärrettungshubschrauber bringt Patienten in ein anderes spezialisiertes Krankenhaus; dieser Service findet auch nachts statt.
Nach mehreren Jahren in der Intensivstation, die sicherlich sehr anstrengend gewesen sein müssen, hast du dich im Bereich des Qualitätsmanagements vorbereitet und im Jahr 2010 hast du einen MBA an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin gemacht. Du hast auch als Referentin am 10. Nationalen Qualitätskongress der Gesundheit im Jahr 2012 teilgenommen.
Heute versucht Deutschland und viele andere Länder, den Hunderttausenden von Flüchtlingen zu helfen. Potsdam hat mehr als 2200 aufgenommen. Das Poliklinikum Ernst von Bergmann betreut mehr als 700 Flüchtlinge. Welches Maß an Organisation beinhaltet dieser Aufgabe?
Diese Aufgabe ist eine Herausforderung. Wir machen die Erstaufnahmeuntersuchung der Flüchtlinge im Klinikum und stellen Ärzte und Krankenschwestern in zwei anderen Erstaufnahmeeinrichtungen zur Verfügung. Die Herausforderung besteht darin, dass alles von einem Tag auf den anderen installiert werden musste, was ein hohes Maß an Improvisation und Flexibilität bedeutet. Und es ist eine bleibende Herausforderung, da niemand weiß, wie sich die Zahl der Flüchtlinge entfalten wird. Darüber hinaus treten Probleme der Sprache und der Kultur auf.