Beschreibung meiner Tätigkeit im Kulturzentrum Lagerhaus e.V.
Bereich Migration – Bremen
Mein Name ist Eusevia Torrico Jiménez, geboren in Suyo in Ayavaca im Landkreis Piura in Peru. 1984 beendete ich die Schule an der Alexander von Humboldt-Schule in Lima. Ich wohne seit dem 02. Dezember 1989 in Bremen. Ich bin diplomierte Sozialpädagogin (Universität Bremen) und arbeite seit November 2006 im Kulturzentrum Lagerhaus e.V. im Bereich Migration. Ich arbeite dort montags bis donnerstags von 11 – 16 Uhr. Die Arbeit im Migrationsbereich, die ich unten detaillierter darstellen werde, teile ich mir mit dem Migrationsreferenten. Ich arbeite 20 Stunden die Woche, der Referent 25 Stunden.
Über das Kulturzentrum Lagerhaus e.V. (im Folgenden: Lagerhaus)
Die Einrichtung, gegründet im Jahr 1983, befindet sich im Ostertorviertel in Bremen, umgeben von vielen Einzelhandelsgeschäften sowie Restaurants, Theatern, Cafés, Pubs und Discos. Zu den Schwerpunkten Migration, Kultur, Ökologie und Bildung bietet das Lagerhaus Beratung, Unterstützung und Räume für kulturelle Betätigung an. Das ganze Jahr hindurch läuft ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm, organisiert und ausgerichtet vom Lagerhaus selbst und den einzelnen hier ansässigen Vereinen. Die gemeinnützige, öffentlich geförderte Einrichtung ist somit offen für Kulturschaffende, Umweltaktive, Menschen mit Migrationshintergrund, Bildungsinteressierte sowie Gäste und Freunde.
Über den Bereich Migration
In enger Kooperation mit verschiedenen Organisationen, Vereinen, Schulen und Behördenvertretern vernetzt, betreut und unterstützt der Migrationsbereich vor allem die im Haus ansässigen, aber auch eine Vielzahl von externen Migrant*innenvereinen und Arbeitsgruppen.
Die Planung, Organisation und Durchführung zahlreicher, zumeist regelmäßig stattfindender Veranstaltungen zu vielen politischen, sozialen und kulturellen Themen mit dem Ziel einer Verbesserung der Integration der Mitbürger*innen mit Migrationshintergrund in unsere Gesellschaft gehört zu unseren Aufgaben.
Darüber hinaus bieten wir die Beratung hilfesuchender Menschen bei vielen Fragen und Problemen, die mit den Themenbereichen „Migration und Integration“ in engem Zusammenhang stehen, kostenfrei an.
Zielgruppe
Unsere Integrationsarbeit bezieht sich vorwiegend auf zwei Zielgruppen:
- Migrant*innen: gemeint sind alle Menschen unterschiedlicher nationaler, ethnischer und religiöser Herkunft, deren Beweggründe für das Verlassen ihrer Heimat, ihr Rechtsstatus und ihre Perspektive für den Aufenthalt in Deutschland ebenso unterschiedlich sind wie ihre Lebenssituation in unserem Land.
►In den letzten Jahren erlebt das Lagerhaus eine kontinuierlich wachsende Anzahl an Geflüchteten aus dem Nahen Osten, hauptsächlich aus Syrien. - Einheimische Bevölkerung und Institutionen: Integrationsarbeit ist nach unserer Einschätzung ohne das Einbeziehen der einheimischen Bevölkerung undenkbar. Zielgruppen der Migrationsarbeit sind deshalb Einzelpersonen, unterschiedliche gesellschaftliche Gruppierungen sowie die öffentlichen und privaten Institutionen und Organisationen, die wir animieren, mobilisieren und zum Mitmachen anregen.
Projekte des Bereiches Migration
- Migrant*innentage gegen Ausgrenzung (seit 1998): Ziel dieser Reihe ist die gegenseitige Annäherung der Kulturen und eine Förderung des Austausches untereinander. Zudem dient die Reihe der Förderung und Pflege der Völkerverständigung sowie der Unterstützung des interkulturellen Zusammenlebens. Abbau von Spannungen und Förderung der gegenseitigen Wertschätzung von Migrant*innen und Einheimischen mit dem Ziel der gegenseitigen Toleranz sind wichtige Aspekte der Veranstaltungsreihe.
Innerhalb der Monate November und Dezember finden alljährlich ca. ein Dutzend Informationsveranstaltungen, Workshops, Podiumsdiskussionen, Lesungen, Ausstellungen, Theatervorstellungen, Konzerte, Filmvorführungen mit überregionalen und internationalen Teilnehmer*innen und Gästen statt.
►Viele dieser aktiven Teilnehmer*innen sind selbst Geflüchtete oder haben intensive Kontakte mit ihnen. Als Besucher*innen unserer Veranstaltungen sind sie selbstverständlich immer willkommen und dürfen kostenlos teilnehmen. - Interkulturelle Kindertheaterwoche (seit 1997): Im Rahmen dieser Reihe werden in jedem Jahr zehn Aufführungen eines interkulturellen Theaterstücks für Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter durchgeführt. Ziel ist es u.a., den hier lebenden Kindern andere Kulturen näherzubringen. Ein Werben für gegenseitiges Verständnis bereits im Kindesalter und der Abbau von Rivalitäten sind Zielsetzungen dieser Reihe. Die Theaterpräsentationen finden alljährlich im Herbst zweimal täglich für 45 Minuten während einer Woche in fünf Bremer Grundschulen statt.
►Insgesamt 1.300 Kinder besuchen unsere Theaterpräsentationen. Dazu muss erwähnt werden, dass viele dieser Kinder aus sozial schwachen Familien kommen, die ihre Kinder selten oder nie ins Theater mitnehmen können.
Die Arbeitsstelle im Migrationsbereich gibt mir außerdem die Möglichkeit, nicht nur an bestehenden Projekten mitzuwirken, sondern zusätzlich neue zu entwickeln bzw. aufzubauen:
- Lernwerkstatt „Bremen tauscht sich aus“ (seit 2016): Zielgruppe sind Zugewanderte und Geflüchtete mit guten Deutschkenntnissen. Durch die wöchentlichen Treffen bekommen sie die Möglichkeit, sich über ihren Alltag in Bremen und gesellschaftliche und kulturelle Themen auszutauschen sowie ihre deutsche Sprachfähigkeit zu verfeinern. Unser Hauptziel ist die Schaffung eines geschützten transkulturellen Begegnungsraumes. Das Angebot richtet sich an Interessent*innen jeder Herkunft über 18 Jahre und ist kostenlos. Gruppengröße: 10-12 Personen.
- Galerie „LaMigration“ (seit 2011): Das Projekt bietet internationalen Künstler*innen eine Plattform an, um ihre Werke zu präsentieren. Durch Migration wird nicht nur die Identität der Künstler*innen, sondern auch ihre Kunst selbst geprägt. Die Galerie „LaMigration“ ist ein Ort, an dem die Menschen aus diversen Ländern ihre Erfahrungen über das Leben, die Kultur und die Kunst austauschen können, einerseits als Künstler*innen, andererseits als Publikum.
►Da dieser Ort gleichzeitig ein Internet-Café ist, in dem sich fast alle Teilnehmer*innen der Integrationskurse in den Pausen aufhalten, verschafft es ihnen viel Freude und Motivation und öffnet ihnen gleichzeitig die Augen für neue Perspektiven. Hierzu muss erwähnt werden, dass mindestens die Hälfte der Teilnehmer*innen der Integrationskurse Geflüchtete sind.
Ich engagiere mich seit einigen Jahren sehr stark im Bereich der Frauenarbeit, ganz besonders in der Arbeit mit Frauen aus Nord-, Mittel- und Südamerika:
- Mosaikeras-Werkstatt (seit 2007): Die Mosaikeras sind eine eigenständige interkulturelle Frauengruppe, ca. 8 bis 12 Frauen, mit wöchentlichen Treffen, die hauptsächlich Gegenstände mit Mosaiksteinen verzieren. Hauptziel ist die Schaffung eines geschützten, mehrsprachigen Raumes, der die soziale Vernetzung unterstützt. Wir eröffnen die Möglichkeit, sich zwanglos in der deutschen Sprache zu üben und das Alltags- und Berufsleben künstlerisch zu ergänzen.
- Frauen- Selbsthilfegruppe „Arcoiris“ (2009-2011): Zielgruppe waren Frauen aus Nord-, Mittel- und Südamerika. Aufgrund der gemeinsamen Muttersprache fiel es ihnen leichter, über ihre alltäglichen Schwierigkeiten in Deutschland und Missverständnisse im Zusammenleben mit ihren deutschen Partnern zu erzählen. Hierzu muss außerdem berücksichtigt werden, dass diese Frauen hier meistens ohne ihre Familie leben. Und wenn dann noch die fehlende vertraute Umgebung dazukommt, dann ist die Gefahr sehr groß, dass sie in großer Isolation leben und oft unter leichten oder sogar schwereren Depressionen leiden.
►Für mich war es sehr wichtig, eine Plattform zu bieten, in der diesen Frauen Trost, Zusammenhalt und ein solidarisches Gefühl vermittelt wurde und wo ihre Stärken und Fähigkeiten geweckt und entwickelt werden konnten. Ein Ort, an dem sie ihre Landsleute kontaktieren und vor allem Zuwendung bekommen konnten. Die wöchentlichen Treffen waren auf Spanisch, es gab eine Kinderbetreuung. Das Projekt der Selbsthilfegruppe Arcoiris wurde drei Jahre lang erfolgreich durchgeführt.
Arbeit als Schnittstelle zwischen Initiativen
Zusätzlich zu den oben aufgeführten Tätigkeiten engagiert sich der Bereich Migration in der Vermittlung und Organisation von Veranstaltungen, die von Vereinen oder anderen Gruppen initiiert worden sind und in den Räumlichkeiten des Lagerhauses durchgeführt werden. Hierzu zählen insbesondere die Integrationskurse, die zumeist vom Bildungsbereich des Lagerhauses durchgeführt werden, sowie die monatlichen Treffen von Migrant*innenvereinen aus vorwiegend afrikanischen Ländern.
►Durch meine langjährige Tätigkeit in den beschriebenen Feldern konnte ich einen starken Zuwachs an Migrant*innen und insbesondere Geflüchteten feststellen. Ein Großteil der Geflüchteten stammt aus Afrika und Syrien. Dieser starke Zuwachs hat dafür gesorgt, dass die vorhandenen Kapazitäten des Kulturzentrums Lagerhaus nahezu ausgeschöpft sind.
16.05.2017
Eusevia Torrico Jiménez